Dieser Beitrag wurde am 09.11.2022 aktualisiert.

Mir ist ein defekter LED-Strahler in die Hände gefallen, ich wollte ganz genau wissen was den Geist aufgegeben hat und begab mich auf eine sehr interessante Fehlersuche.
Aufbau und Daten des Strahlers
Der Strahler besteht aus 4 High-Power LEDs, welche (gemessen) mit 1Ampere bei 34Volt betrieben werden, also 34Watt pro LED. Die Herstellerangabe sind 50Watt pro LED… seltsam, dazu später mehr. Die LEDs sind auf einen dicken Kühlkörper geschraubt und von einem Gehäuse mit IP65 Zertifizierung umgeben, also staubdicht und strahlwassergeschützt. Die LED-Treiber sind in einem Extragehäuse verklebt, welches von hinten an den Kühlkörper geschraubt ist, sind also thermisch mehr oder weniger von den LEDs entkoppelt.

Gibts Lebenszeichen?
Der erste Verdacht fiel natürlich auf die LED-Treiber, denn LEDs gehen normalerweise bei Verwendung nach Herstellerangaben selten kaputt. Zuerst aber mal Spannung dran gehangen (Arbeiten an 230V Wechselspannung sind lebensgefährlich und sollten nur von einer Elektrofachkraft unter geeigneten Bedingungen durchgeführt werden) und siehe da, eine der 4 LEDs leuchtet. Tja, dann sind wohl die LED-Treiber gestorben… aber gleich 3 auf einmal?
Die LED-Treiber
Einen LED-Treiber braucht man, um LEDs mit konstantem Strom zu betreiben, das hat mehrere Gründ: Zum einen ändert sich ihr elektrischer Widerstand je nach Temperatur und zum anderen ist die Strom-Spannungskennlinie nicht linear (eine kleine Änderung der Spannung bewirkt eine große Änderung des Stroms). Bei sehr kleinen Leistungen verwendet man einfach einen Vorwiderstand zur Strombegrenzung. Das würde bei größeren Leistungen allerdings ein Effizienz- und damit auch ein Temperaturproblem verursachen.
In diesem Fall wird die Lampe mit Netzspannung gespeist, also mit 230V Wechselspannung. Die LED-Treiber müssen also die 230V konstante Wechselspannung in einen Ampere-konstanten Gleichstrom umwandeln.
Die Treiber sind aufgebaut wie ein Schaltnetzteil: Sie bestehen aus einem Gleichrichter, der Stromregelung, einem Transformator und einem Glättungsglied.

Der einzige Unterschied zu einem klassischen Schaltnetzteil ist die Stromregelung.
Der Schaltplan
Ich habe den Schaltplan bestmöglich aus der Platine zurückverfolgt. Natürlich können sich dabei Fehler eingeschlichen haben. Falls jemand einen findet: Bitte Bescheid geben.

Das 6-polige Kästchen in der linken unteren Ecke ist der Controller, der den Strom regelt, in dem er den Tastgrad des PWM-Signals variiert, das über einen digitalen Ausgang an die Basis des Transistors (wird wahrscheinlich ein FET sein, aber weiterführend nenne ich ihn einfach Transistor) gelegt wird.

Ich habe den Schaltplan in 8 interessante Bereiche unterteilt, um ein bisschen Struktur rein zu bekommen.
Bereich 1:
Der erste Bereich ist eine Fangschaltung aus 2 hochohmigen Widerständen und einem Kondensator sowie einer Diode. Diese Fangschaltung ist dafür da, die Selbstinduktion der Primärwicklung des Transformators beim Abschalten des Transistors abzufangen. Dadurch wird der Transistor vor sehr hohen Spannungsspitzen geschützt.
Bereich 2:
Der zweite Bereich besteht aus einem Kondensator, welcher zwischen der Primär- und Sekundärspule des Transformators liegt. Dieser ist zur EMV-Entstörung vorgesehen und schließt Störungen in der Sekundärseite zur Primärseite kurz.
Bereich 3:
Der dritte Bereich ist zur Glättung der Ausgangsspannung, denn aus der Sekundärspule des Transformators tritt eine hochfrequente (um die 100kHz) Rechteckspannung aus. Der Elektrolytkondensator glättet diese, so dass keine hochfrequenten Störungen aus dem Netzteil entweichen. Der Widerstand ist sehr hochohmig und wird zum Entladen des Kondensators genutzt, wenn das Netzteil vom Netz genommen wird. (Vermeidung von Stromschlägen)
Bereich 4:
Der vierte Bereich ist die Sekundärwicklung des Transformators mit einer Diode, damit die im Elektrolytkondensator gespeicherte Spannung aus dem dritten Bereich keinen Strom über die Sekundärwicklung erzeugt.
Bereich 5:
Dies ist die Primärwicklung mit dem schaltenden Transistor, dieser schaltet die ca. 300V Gleichspannung mit einer Frequenz von ungefähr 100kHz auf die Wicklung.
Bereich 6:
Hier wird die Versorgungsspannung für den Controller bereitgestellt. Über die Entmagnetisierungswicklung wird die Spannung heruntertransformiert (wie weit weiß ich nicht, ich hab die Windungen nicht gezählt).
(Hier fängt die Spekulation an) Die Diode ist wahrscheinlich dafür da, Spannungsspitzen, die beim Abschalten von der Primärwicklung entstehen, auf den oben liegenden Elko abzuleiten (die Widerstände zu + sind ziemlich hochohmig). Der Elko soll sich allerdings nicht über die Spule entladen, sondern zu + (sofern die Spannungsspitze höher als VCC ist), deswegen eine Diode.
Bereiche 7 und 8 sind beim Controller mit beschrieben.
Der Controller
Überraschung, es gibt kein Datenblatt. Aus dem Schaltplan kann man aber schließen, welche Pins für was sind. Der linke obere Pin ist eindeutig, dieser schaltet den Transistor. Schaltet der Transistor durch, fließt ein Strom durch die Primärspule des Transformators und erzeugt einen Spannungsfall an den unteren 3 Widerständen (Bereich 7), welche einen sehr kleinen Widerstandswert haben. Diese Spannung steigt mit dem Strom, so kann der Controller über einen analogen Eingang (unten links) indirekt den Strom über die Spannung messen (I sense ). Der Controller wird über die Entmagnetisierungsspule des Transformators mit Spannung versorgt. Über einen Spannungsteiler wird die korrekte Spannung bereitgestellt (hab ich nicht gemessen). Der obere rechte Pin ist GND und über einen Keramikkondensator (smd) mit dem unteren rechten Pin verbunden (Bereich 8). Dieser könnte (reine Spekulation) zur Einstellung der Schaltfrequenz des Transistors genutzt werden.
Leitzustand

In dem obenstehenden Bild wird abgebildet, wo Ströme fließen, wenn der Transistor durchgeschalten wird. Die Schaltung befindet sich im Leitzustand. Punktlinien stellen sehr schwache Ströme dar, durchgezogene Linien höhere Ströme. Die grün markierten Kondensatoren laden sich in diesem Zustand auf.
Dieses Netzteil stellt einen Eintaktflusswandler dar, da er bei Stromfluss durch den Transistor die Energie auf die Sekundärseite des Transformators übertragt und im Sperrzustand nicht.
Sperrzustand

Im Sperrzustand wird die Selbstinduktion der Primärwicklung durch die Fangschaltung abgefangen. In die Entmagnetisierungsspule des Transformators wird keine Spannung indoziert. Der Controller wird von dem Kondensator am Spannungsteiler, welcher sich nun entläd, mit Spannung versorgt, bis der Transistor wieder durchgeschaltet wird.
Der Elko auf der Sekundärseite versorgt die LEDs in diesem Zustand mit Spannung, damit diese nicht flimmern.
Die LEDs
Nun zum Herzstück des Strahlers, den LEDs: Laut Hersteller hat die gesamte Leuchte eine Leistung von 200W, also theoretisch 50W pro LED. Ich habe probiert die Stromstärke herauszufinden, auf die der LED-Treiber programmiert ist. Allerdings sind meine Widerstände sehr schnell in Rauch aufgegangen… um 50W zu verbraten bräuchte ich doch mal Hochlastwiderstände. Also habe ich überhaupt keine Daten über die LED-Chips, außer dass sie 50W Leistung haben sollen und 34W Leisung noch übrig ist. Wenn man sich den LED-Chip im Ausschaltmoment genau anschaut, sieht man auch warum.

Zwei von fünf Reihen sind tot, die anderen Chips sehen sogar noch schlechter aus. Warum? Keine Ahnung, ich weiß weder wie alt die Leuchte ist, noch wie viele Betriebsstunden sie schon auf dem Buckel hat. Vielleicht ist sie auch einfach zu warm geworden.
Was ist am LED-Treiber defekt?
Die Sicherung vom Treiber hat nicht ausgelöst, der Transistor scheint nicht durchzuschalten. Wenn ein Transistor kaputt geht, dann ist das meist ein Abgang mit Feuerwerk und Magic-Smoke, in diesem Fall gab es kein Anzeichen dafür. Deswegen ist es wahrscheinlich der Controller-IC.
Warum ist der LED-Treiber kaputt gegangen?
Viele Schaltnetzteile brauchen eine Grundlast um fehlerfrei zu funktionieren. Ich gehe davon aus, dass die LEDs zuerst gestorben sind (durch Wärme oder whatever), durch die fehlende Grundlast sind die LED-Treiber kaputt gegangen, da diese keine Lasterkennung haben.
Wie schon unter Punkt “Was ist am LED-Treiber defekt?” beschrieben, ist wahrscheinlich der Controller-IC defekt, aber warum?
(Das ist wieder Spekulation)
Ich kann mir das nur folgendermaßen erklären: Duch die fehlende Grundlast hat die Primärwicklung immer wieder die volle Energie aus dem Magnetfeld indoziert, diese konnte wahrscheinlich die Fangschaltung nicht allzu lang abfangen. Der SMD-Kondensator ist entweder zu heiß geworden, oder hat die hohe Induktionsspannung nicht vertragen. Beim Auslöten (vielmehr dem Versuch) ist eine Seite des Kondensators direkt abgebrochen (und ja, ich war vorsichtig :D), was auf einen schon vorher vorhandenen Riss hindeutet. Ich habe vorher leider die Kapazität nicht gemessen. Durch die jetzt defekte Fangschaltung wurde eine sehr hohe Spannung in alle Spulen indoziert, wodurch die Versorgungsspannung des Controllers ungesund gestiegen ist.
Puh, das war jetzt ganz schön zusammengereimt ,:D Ob’s stimmt, kann ich wirklich nicht sagen. Vielleicht hat jemand eine bessere Idee?
Zusammenfassung
Bei dieser Fehlersuche habe ich sehr viel über Schaltnetzteile gelernt. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, die Schaltung zu interpretieren und damit zu experimentieren. Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden mit dem Ergebnis, auch wenn der tatsächliche Grund für den Ausfall immer ein Rätsel sein wird. An manchen Stellen hätte ich mir ein Datenblatt gewünscht, aber man kann halt nicht alles haben 🙂
Ich hoffe, dieser Artikel hat dir gefallen und war interessant. Wenn ich etwas besser machen kann, dann lass doch einen Kommentar da.